Im Sachbuchforum stellte der kolumbianische Journalist und Schriftsteller Hernando Calvo Ospina seine Autobiographie “Sei still und atme tief” vor. Darin erzählt er von seinem Verschwinden in Ecuador und seinem späteren Wiederauftauchen in Europa. Dazwischen liegen Monate, in denen er verschleppt und gefoltert wurde, mit Schlafentzug, Schlägen und Elektroschocks.
[(Im Gespräch: Der kolumbianische Schriftsteller und Journalist Hernando Calvo Ospina (l.)]
Die Geschichte seiner plötzlichen Festnahme durch den kolumbianischen und ecuadorianischen Militärgeheimdienst im Jahr 1985 ist bekannt – er hat sie später vor Amnesty International und anderen internationalen Menschenrechtsorganisationen erzählt. Dennoch ist sie hier erstmalig in einem Buch veröffentlicht.
Auf der Leipziger Literaturmesse gibt Calvo einen ersten Einblick. Der Journalist erzählt trotz der Ernsthaftigkeit des Themas mit lakonischem Humor von seinen Erfahrungen im Gefängnis. “In Lateinamerika sind die Gefängnisse etwas grausamer, aber sonst sie sind wie überall.” Wer als politischer Gefangener in Haft kommt, werde mit Respekt behandelt. Aber wie in jedem anderen Gefängnis tummeln sich dort auch die Diebe, Betrüger und Mörder.
Belustigt hörte das Publikum Calvos Anekdote über einen wohlhabenden Niederländer, der die Zeche einer Prostituierten geprellt hatte und dafür eine Nacht im Gefängnis verbringen musste. “Als der auf die übrigen Insassen im Innenhof traf, gesellten sich rechts und links Kolumbianer zu ihm und nahmen ihn aus.” Der Niederländer aber glaubte, sich wehren zu können und drohte an, er könne Karate. Calvo trocken: “Da haben sie ihm eine lange Machete gezeigt.”
Der arme Niederländer musste nun seine gesamte Kleidung abgeben. Schon als er den Innenhof betreten hatte, habe seine Kleidung eigentlich schon jemand anderem gehört, sagt Calvo. “Er musste aber nicht nackt zurück auf die Straße, die Kolumbianer haben ihm andere Häftlingskleidung gegeben.” Und dann setzt er hinzu: “Er war allerdings ziemlich groß, und wir sind alle ziemlich klein.” Als der Niederländer am nächsten Tag von dessen Frau aus dem Gefängnis abgeholt worden sei, habe sie also einen ziemlich unmöglich angezogenen Mann zurückbekommen.
Man könnte meinen, dieser Journalist der französischen Le Monde Diplomatique könne doch kaum einer Fliege etwas zu Leide tun. Aber manchmal sind es wohl doch Wörter, die gefährlich sind wie Schwertspitzen und deshalb ähnlich gefürchtet werden. Im Jahr 2009, als er für eine Reportage nach Mexiko fliegen musste, verweigerten die USA einer Maschine der Air France, in der er saß, den Weg durch den US-Luftraum.
“Ich erinnere mich noch daran, dass der Kapitän durchsagte, wir dürften nicht in den amerikanischen Luftraum einfliegen, weil an Bord jemand sei, der Amerika gefährde.” An ihn selbst habe er dabei nicht gedacht, sagt Calvo. Erst nach der Landung habe der Kapitän ihn zur Seite genommen und ihn aufgeklärt, dass er offenbar auf der No-Fly-List der USA stehe.
Calvo hätte sicher noch mehr zu erzählen gehabt, aber seine Redezeit war leider auch begrenzt. Eine Rezension seines Buches wird beizeiten auf Seitengang folgen.
Hernando Calvo Ospina: Sei still und atme tief, Zambon Verlag, Frankfurt, 2013, 220 Seiten, broschiert, 12 Euro, ISBN 978-3889752215